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Der Nebel hüllt die Landschaften rund um den Bodensee ein. Die Tage sind kurz, die Abende lang, Zeit, um es sich auf dem Sofa bequem zu machen und zu lesen. Zum Beispiel das Buch von Dorothea Dieckmann: Wie Engel erscheinen. Engel sind für sie die Überbringer einer Botschaft, die den Empfänger immer angeht. Ihr Erscheinen ist flüchtig, störbar und doch unvergesslich. Ein Ort der Begegnung ist der Zwischenraum und der Raum der Literatur. "Oft wünschte ich mir, ich hätte für diese flüchtigen Figuren einen anderen zoologischen Namen gefunden als 'Engel'. Noch ist mir keiner eingefallen." So die Autorin.

Auf dem Cover ist ein Foto der Eingebungen von Fernando Oreste Nannetti. Er war Patient in der Psychiatrie in Volterra und hat an der Außenmauer des Gebäudes Zeichen und Zeichnungen eingeritzt, Eingebungen einer höheren Macht. In einem Zeitraum von neun Jahren entstand ein 70 Meter langes Band. Aldo Trafeli wurde auf Nannetti aufmerksam, als er eine Kunstschule in Volterra besuchte. Eine Freundschaft entwickelte sich, die für beide wichtig war. 1979 zeigte Trafeli einem befreundeten Fotografen die Kompositionen Nannettis. Pier Nello Manoni beschloss, sie zu dokumentieren, um sie vor dem Verfall zu retten. Ein Bildband entstand und eine DVD, die 2002 in La Collection de l'Art Brut in Lausanne veröffentlicht wurden. 

Dorothea Dieckmann hat den Bildband entdeckt und darum gebeten, einen Ausschnitt aus Nannettis Werk für das Cover zu wählen. Ein Wunsch, dem ich gern nachgekommen bin. Nannettis Kalligraphien sind ebenso rätselhaft wie die Wesen, von denen Dorothea Dieckmann schreibt. Wir glauben sie zu kennen, weil sie allgegenwärtig sind, in Kirchen und auf Weihnachtsmärkten. Wir kennen die Engel von Paul Klee und das, was Rilke über sie geschrieben hat. Und doch entziehen sie sich, sobald wir verstehen wollen, woher sie kommen und ob es sie wirklich gibt. Ein guter Grund, nach dem Buch von Dorothea Dieckmann zu greifen und uns gemeinsam mit ihr auf die Suche nach Antworten zu machen. 

Ihr Peter Albrecht